Briefe über die Dinge des Lebens.
Freitag, 1. November 2013
neulich tat mir ein Freund seinen Unmut darüber kund, dass ihm die Zeit weglaufe. Er leide fürchterlich unter Stress. Ich sagte ihm, dass mir dies Leid täte. Erstaunt sah er mich an und meinte, dass ich ja nun aber gar nichts für die Zeit könne. Zunächst war ich irritiert, da ich mich ja nicht entschuldigen, sondern schlichtweg mein Mitgefühl ausdrücken wollte. Bis wir uns über dieses kleine Missverständnis klar wurden, verging ein wenig Zeit (von der mein Bekannter ja nun eben keine hat.)Wir kamen darauf, dass im deutschen Sprachgebrauch die Ausdrücke "es tut mir leid" und "ich entschuldige mich" oft synonym benutzt werden, auch wenn sie wörtlich genommen ganz und gar nicht gleich zu setzen sind. Streng genommen, ist das Wort "Entschuldigen" so wie wir es benutzen in den meisten Fällen totaler Mumpitz. Nehmen wir einmal den Fall, ich trete einem andern Menschen ziemlich doll aus Unachtsamkeit auf den Fuß. Vermutlich würde mir sofort ein "oh, 'tschuldigung" entfahren (wenn nicht gar schlimmer ein englisches Sorry, aber dazu komm ich noch). Aber was heißt das nun? Ich ent-schuldige mich also. Nehme meine Schuld weg. Wie kann ich das machen? Ich habe ja Schuld. Kann der der Schuldige sich einfach so ent-schuldigen? Vielmehr passt da schon die Formulierung: Ich bitte um Entschuldigung. Das ergibt für mich einen Sinn. Das Opfer (wenn man bei einem Fußquetscher schon so weit gehen kann von Opfer zu reden) ist doch letztlich der Einzige, der in dieser Situation eine Ent-schuldigung vornehmen kann.
Doch ich will noch einen Schritt weiter gehen. Denn schließlich sind wir nicht alle Katholiken und können beim lieben Herrn Gott um Ablass bitten und wohl schon gar nicht bei irdischen Wesen (in der Regel sind alle potentiell von uns auf den Fuß getretenen Personen irdisch). Fakt ist, sei es nun aus Ablenkung oder anderen guten Gründen, wir sind zunächst, sofern uns keiner geschubst hat, schuld. Punkt. Aus. Es gibt also keinen Grund sich zu ent-schuldigen. Es gibt keinen Grund ent-schuldigt zu werden. Niemand kann einem diese Schuld nehmen. Somit ist das bitten um Entschuldigung regelrecht anmaßend. Vielmehr wäre es eine Möglichkeit, den mangelnden Vorsatz zum Ausdruck zu bringen.
So sehe ich beim klassischen Anrempler als beste "Entschuldigung": Tut mir leid, das wollte ich nicht. So bringe ich meine zerknirschtheit, gar mein Leid darüber zum Ausdruck, der andern Person etwas zugefügt zu haben. Und gleichermaßen beteuere ich, dass ich keineswegs mit Vorsatz gerempelt habe, sondern dass es sich um ein Versehen handelte.



Donnerstag, 31. Oktober 2013
wundere dich nicht, wenn du nun öfter Post von mir bekommst. Ich habe beschlossen, wir sollten uns einander besser kennenlernen. Ich habe mich lange gefragt, wie das gehen soll, wenn man sich nie sehen kann. Ich kann dich auf dem Laufenden halten, über das was ich tue, sicher. Aber lernst du mich dadurch kennen? Und ist das interessant für dich? Ich denke nicht. Aber vielleicht lernst du mich kennen, wenn ich dir zeigen kann, wie ich die kleinen Dinge des Lebens betrachte. Nicht die großen. Wie ich über die denke, wirst du dir ja vielleicht irgendwann selbst zusammenreimen können. Dann wenn du mich richtig kennst.